Alpen-Pechnelke
Alpen-Pechnelke
Sarek
August 2000
Kebnats - Autsutjvagge - Sitojaure - Skierfe Jåkåtikaskalakko - Alep Valek - Pastavagge - Pielavalta - Kukkesvagge - Njavvepuolta - Vuoskelvagge - Suorva, 107 km


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1995
1996
2000
2002

 
Tag 1: Kebnats - Autsutjvagge, 9 km
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Blick zurück auf den Akkajaure Alles klappt wie am Schnürchen. Man könnte fast glauben, das gesamte schwedische Transportwesen sei auf Sarek-Wanderer abgestimmt. Von Süddeutschland bis Gällivare fahren wir ohne größere Unterbrechungen durch. Vormittags steigen wir aus dem Zug, marschieren zum Campingplatz und haben damit einen ganzen Tag zum Akklimatisieren und vor allem zum Packen. Die Verpflegung für 16 Tage muss aus den Kisten in die Rucksäcke. Für einen Bummel durch das in seiner Reizlosigkeit fast schon wieder reizvolle Gällivare reicht die Zeit auch noch. Am nächsten Morgen packen wir gemütlich, trotten danach zurück zum Bahnhof und steigen wenig später in den Bus nach Ritsem. Wir haben einige Sarek-Neulinge in der Gruppe, die Lappland entweder gar nicht, oder aber nur seine waldige Seite kennen. Sie fragen sich während der stundenlagen Fahrt durchs Waldland, wo denn hier Berge sein Rast vor dem Rasek sollen. Die kommen spät, aber sie kommen. In Kebnats steigen wir aus und blicken über den Akkajaure hinweg auf den steilen Hang, den wir erklimmen wollen. Während uns das Boot hinüber bringt, ist der Himmel noch wolkenverhangen. Kaum stehen wir am anderen Ufer, klart es auf - und wird warm. Das ist gar nicht so gut, denn am steilen Hang läuft uns der Schweiß in Strömen. Wir sind noch nahezu untrainiert und haben schwer zu tragen. Zum Trost stoppen wir an günstigen Stellen, drehen uns um und genießen berauschende Ausblicke über den Akkjaure hinweg nach Norden. Noch ist das Autsutjvagge nicht in Sicht. Wie schon bei der 96-er Tour lassen wir uns von der trügerischen Sicherheit eines markierten Wanderwegs - immerhin sind wir auf dem Kungsleden - täuschen. Es dauert eine ganze Weile, ehe uns auffällt, dass wir eine Abzweigung verpasst haben. Wir sind zu weit nach Pause am Kungsleden Westen abgekommen, auf dem Weg zum Lapplager am Pietsaure. Dumm gelaufen. Jetzt müssen wir das nördliche Autsutjvagge fast in seiner ganzen Breite durchqueren, um wieder auf den Kungsleden zu gelangen. In der Ferne sehen wir eine kleine Gruppe, der es ebenso ergangen ist. Also queren wir das Tal in Richtung Südosten und versuchen so gut es geht, den Sümpfen auszuweichen. Das kostet die Bergstiefler unter uns so manchen Umweg. Schließlich erreichen wir wieder den Kungsleden und ziehen weiter Richtung Süden. Vor uns liegt das breite Autsutjvagge mit seinem weit geschwungenen Bach. Unsere erste Mittagspause verbringen wir zusammen mit ein paar Moskitos gemütlich in der Sonne. Sogar ein kleines Nickerchen ist drin. Danach folgen wir weiter dem Weg bis zur Hütte. Kurz danach, nach insgesamt etwa neun Kilometern aber ist Schluss. Die Gruppe will nicht mehr, es reicht für den ersten Tag. Außerdem scheint die Aussicht auf ein Klohäuschen in der Nähe doch recht attraktiv zu sein. So mancher nimmt den etwa 500 Meter langen Weg zurück auf sich. Abends machen wir einen kleinen Spaziergang und erkunden die Strecke des nächsten Tages. Die Freude, endlich wieder in der Wildnis zu sein, hält uns lange wach.  
 
Tag 2: Autsutjvagge - Tåresåive, 21 km
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Doppelter Regenbogen am Martevaratj Spitzenwetter. Wir futtern unser erstes Müsli-Frühstück und sind hochmotiviert. Schließlich lockt heute der große Sitojaure, eine Bootsfahrt und der Star der Tour: der Sarek Nationalpark. Bis dahin ist es aber noch ein gutes Stück. Die elf Kilometer bis zur Sitojaure-Hütte sind einfach zu gehen. Ohne nennenswerte Steigungen und mit schönen Ausblicken. Etwa zwei Kilometer vor uns im Südosten sehen wir sogar einen heftigen Regenschauer niedergehen. Bei uns scheint die Sonne. Je höher wir kommen, desto mehr sehen wir von der Jåkåtjkaskalakko. Die Hochebene bleibt allerdings noch lange ein fernes Ziel am Horizont, denn elf Kilometer wollen erst einmal gelaufen sein. Gegen später kommt dann der langgezogene Sitojaure in Sicht, und wir können an dessen Nordufer die Hütte erahnen. Wir steigen hinab in den Birkenwald und stolpern über den wurzeligen Weg der Hütte und dem Boot entgegen. Unten an der Hütte machen wir erst einmal Rast und genießen im Schatten sitzend den Blick über farbenfrohen Nördlichen Eisenhut hinweg auf den glitzernden See. Unser Kapitän ist schnell gefunden. Nachdem wir mit ihm über unsere unsere geplante Route gesprochen haben, stiegen wir in sein Boot. Bei gleißendem Sonnenschein fährt er uns über den flachen Sitojaure nach Svine. Ein richtiger Touristen-Spaß! Drüben angekommen befolgen wir seinen Rat und ziehen gleich weiter. Wir sollen den Wald am Südufer meiden und unsere Mittagspause wegen der zahlreichen Moskitos erst oberhalb einlegen. Das war leicht gesagt, denn der Weg durch den Wald zieht sich, und wir haben Hunger. Oberhalb der Baumgrenze am Njunjes fehlt dann Über dem Sitojaure das Wasser. Ale Bachläufe sind trocken. Sehr zu unserem Kummer. Erst unterhalb des Schneefelds kurz vor der Hangkante finden wir ein tröpfelndes Rinnsal, das wir mit letzter Kraft sowie mit viel Hunger und Durst erreichen. Kaum haben wir gegessen löst sich das Wasserproblem schneller als uns lieb ist. Wir sehen den Regen förmlich auf uns zu kommen. Von Nordwesten her schiebt sich eine Wolkenwand auf uns zu. Binnen Sekunden ist alles klatschnass. Dafür aber gibt's zum Trost einen doppelten Regenbogen über dem Sitojaure, der uns restlos fasziniert. Danach geht's weiter immer noch auf dem Kungsleden hoch nach Njunjes. Wir passieren das steiles Schneefeld und stehen wenig später auf der Hochfläche. Hier ist alles voller Habichtskraut, dessen nasse haarige Stiele heftig in der Sonne glitzern. Wir verlassen den Kungsleden und wandern quer über die Fläche nach Nordwesten um den Tåresaive herum. Ganz schön erschöpft erreichen wir die zwei kleinen Seen an seiner Nordflanke. Wir sind gut 20 Kilometer marschiert! Unsere Zelte stehen direkt an der Nationalparksgrenze - wir sind also so gut wie im Sarek. Das hält uns nicht davon ab, abends an die nahe Hangkante im Westen zu schlendern, um dort auf den Laitaure und ein klein wenig aufs Rapadelta hinab zu staunen. Später gibt es einen höchst dramatischen Sonnenuntergang, ganz pastos mit vielen bunten Wolken.
 
Tag 3: Skierfe, 0 km
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Auf dem Skierfe Heute früh gibt es noch mehr Wolken, als am Vorabend - Sicht gleich Null. Und damit auch wenig Aussicht auf eine sinnvolle Tour hinauf zum Skierfe ganz in unserer Nähe. Also wird der dritte Tag erst einmal zum richtigen Ruhetag. Wir bleiben im Zelt oder zumindest am Zeltplatz. Nach zwei Stunden aber deutet sich ganz zart ein Aufklaren an. Wir nutzen es und marschieren los zum Skierfe. Nach knapp zwei Stunden sind wir oben. Das Faszinierendste an diesem Berg ist, dass die Aussicht nicht schrittweise besser wird, sondern erst nach dem letzten Schritt voll zur Geltung kommt. Erst Das Rapaätno-Delta unmittelbar an der Hangkante ergibt sich ein Blick, der seinesgleichen sucht. Unter uns liegt das wunderschöne Delta des Rapaätnos mit seinen zahllosen Windungen und Seitenarmen. Gut 680 Meter unter uns - nichts für Nicht-Schwindelfreie. Der Skierfe ist atemberaubend und an seiner Westseite nahezu senkrecht. Wir haben so ein Glück! Die Sonne scheint hemmungslos, und wir sind hier oben ganz alleine. Offensichtlich hat sich wegen des Nebels am Vormittag niemand sonst zu der Tour aufraffen können. Prima. Eineinhalb Stunden sitzen und stehen wir wie gebannt auf diesem Berg, dann grollt in der Ferne Donner, und wir starten zurück zum Lager. Förmlich berauscht vom Skierfe und seinem Ausblick.
 
Tag 4: Tåresåive - Alep Valak, 12 km
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Aufbruch am Nachmittag beim Tåresåive Schon wieder Nebel. So wollen wir nicht starten und bleiben im Zelt. Von dort beobachten wir eine kleine Gruppe, der wir in den nächsten Tagen öfter begegnen sollten. Wir geben ihnen die Schuld am Nebel und nennen sie liebevoll "Die Schlecht-Wetter-Schweden". Erst am Nachmittag hat sich die Sonne freigekämpft, und wir bauen unsere Zelte ab. Unser Weg führt zunächst nach Osten an der Renwächterhütte vorbei, schwenkt dann nach Norden am Åbmojåkkå entlang über die Hochebene. Beim Übergang über Unterwegs in Jåkåtikaskalakko den Åbmo-Bach gibt's die ersten nassen Füße. Das hindert uns nicht am Weitergehen. Auf dem Weg liegen lange hinderliche Blockfelder, die uns das Marschieren schwer machen. Wolken ziehen auf, und ein ungemütlicher Wind stört unsere Mittagspause oberhalb des Åbmojaures. Als wir die kleinen Seen unweit der Renwächterhütte vor dem Alep Valak erreichen, will keiner mehr weiter. Wir sind fertig und schlagen unsere Zelte auf. Mein rechtes Knie schmerzt und macht mir Sorgen.
 
Tag 5: Alep Valak, 0 km
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Null Sicht, aber gute Laune Noch mehr Nebel. Es regnet, und die Sicht ist gleich Null. Wir können nicht weiter und wollen auch nicht. Vor uns liegt der steile felsige Abstieg hinunter nach Rinim, und der wäre jetzt ohnehin zu gefährlich. Die Gruppe trägt die Pause mit Fassung, ein Teil unternimmt einen Ausflug zu den Schneefeldern im Vassjavagge. Aus dem erhofften Blick hinunter ins Rapadalen wird allerdings nichts. Auch dort herrscht Nebel. Ich bleibe im Zelt, weil mein Knie einer Pause bedarf. Es lässt sich zwar anwinkeln, aber das Nachziehen beim Gehen ist in unregelmäßigen Abständen sehr schmerzhaft. In Gedanken spiele ich alle Möglichkeiten durch für den Fall, dass ich tatsächlich nicht mehr weiter gehen kann. Nach Rinim und die Tour abbrechen? Kein schöner Gedanke.
 
Tag 6: Alep Valak, 0 km
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Der Not gehorchend: Wassergräben ums Zelt Ich kann nicht nach Rinim, selbst wenn ich wollte. Niemand kann hier weg. Lautes Rauschen weckt mich. Es regnet in Strömen, und das Wasser fließt vom Hang hinter uns zu den Zelten hinab. Zumindest so viel kann ich durch den Nebel sehen: um uns herum nur Wasser und Schlamm. Wir versinken langsam im Dreck. Das Innenzelt wird zur letzten Zuflucht. Aber nicht mehr lange. Hinter unserem Zelt hat sich ein Tümpel aufgestaut, der unser Zelt unterspült. Es wird bedrohlich. Zusammen mit Gunnar humpele ich zur nahen, aber im Nebel noch unsichtbaren, Renwächterhütte. Wir sind bereit, klein beizugeben - die allerdings Hütte nicht. Sie ist und bleibt verschlossen. Also wieder zurück. Im prasselnden Regen ziehe ich mit dem Mini-Spaten einen Miniatur-Rapaätno ums Zelt, der den stetig wachsenden Tümpel entwässern soll. Den ganzen Tag lang fließt das Wasser durch diesen Graben. Die Gruppe fügt sich in ihr Schicksal. Einige gehen spazieren, ich schone mein Knie. Das einzige Buch in der Gruppe ist längst mehrfach ausgelesen. Wir beginnen das Kartenspielen im Dreimannzelt.
 
Tag 8: Alep Valak - östlicher Talausgang Pastavagge, 8 km
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Hoch über Rinim Der Morgen beginnt still. Tatsächlich: Es regnet nicht mehr, wir können weiter und sind sehr erleichtert. Weil mein Knie immer noch schmerzt, nimmt mir die Gruppe Gepäck ab. Wir ziehen los, links am Alep Valak vorbei immer an der Hangkante entlang nach Norden. Tief unter uns liegt der Sitojaure, das Rinim Lapplager ist zu sehen, ebenso der viele Schlamm, den der Sitoätno wegen des heftigen Regens in den flachen See gespült hat. An einen Abstieg ist aber noch nicht zu denken. Wir wollen das dichte Waldland am Südufer des Sees meiden. In das tiefe Tal des Rinimjåkkå aber müssen wir hinunter. Der Abstieg wird zum gefährlichsten Abschnitt unserer Tour. Der steinige Hang ist sehr steil, die Steine selbst sind sehr locker. Wir müssen aufpassen und lassen uns Zeit. Eine trockene Furt ist nicht zu finden. Wir durchqueren den Bach und hüpfen am anderen Ufer hysterisch umher - kalt! Der steile Aufstieg auf der anderen Talseite bleibt uns nicht erspart. Dafür Lager vor den Skårkibergen ergibt sich oben ein traumhafter Blick auf den See mit seinen Inseln. Ein Abstieg nach Rinim wird immer unwahrscheinlicher, der Hang ist uns zu steil. Wir stiegen sogar noch höher und kämpfen uns durch riesige Blockfelder. Erst weit nördlich von Rinim finden wir eine halbwegs geeignete Route und stiegen hinunter. Nach all den steilen Blockfeldern und rutschigen Hängen sind wir sehr froh, wieder auf einer Ebene zu stehen. Der Trampelpfad drängst sich förmlich auf, und wir wandern noch ein Stück weiter nach Norden. Kurz vor dem Eingang zum Pastavagge schlagen wir unsere Zelte auf direkt unter der schwarzen Ostwand des Skårki, die uns deutlich an die bedrohliche Thangorodrim aus Tolkiens Silmarillion erinnern. Neugierige Rentiere verbringen den Abend mit uns.
 
Tag 8: Östlicher Talausgang Pastavagge - Skaitatjvagge, 8 km
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Unfreundlich empfängt uns das Pastavagge Die bedrohlichen dunklen Zacken des Skarki sind in Wolken gehüllt. Kein gutes Vorzeichen. Auch der Eingang zum tief eingeschnittenen Pastavagge wirkt dunkel und unheilverkündend. Wir marschieren nach Norden. Kurz vor dem östlichen Pastajåkkå biegt der Pfad ab nach Westen ins tiefe Tal hinein. Dort wird das Wetter immer ungemütlicher, ein kalter Wind bläst uns zuerst Regen, später dann Schnee ins Gesicht. Wir kämpfen. Den ersten Bach meistern wir noch ohne große Schwierigkeiten, wenngleich das Wasser sehr kalt und die Strömung wegen des Dauerregens sehr stark ist. Im weiteren Verlauf der Strecke aber, lässt die Motivation stark nach. Es ist bitterkalt, und wir werden regelrecht durchweicht. Richtig eklig wird's aber erst am Skaitatjjåkkå. Der ist breiter und kräftiger als üblich, und wir sind recht geschwächt. Irgendwie hat auch keiner so recht Lust, sich im Schneeregen bis auf die Unterhose auszuziehen, um dann durch frisches Gletscherwasser zu waten. Wir kommen an unsere Grenzen und helfen uns gegenseitig über den Bach. Zwei von uns durchqueren ihn fünf Mal. Eine Teilnehmerin erlebt hier ihren Tiefpunkt. Sie will nicht über den Bach und auch nicht mehr weiter. Erst nach langem Zureden im Schneeregen lässt sie sich fast willenlos durch den Bach führen. Nachdem alle heil angekommen sind, ziehen wir die Notbremse: Schluss für heute. Inzwischen blasen uns heftige Böen entgegen, die uns die Zelte schier aus den Händen reißen. Wir sind froh, als wir endlich in den wärmenden Schlafsäcken liegen. Dennoch versuchen wir, dem Tag etwas positives abzugewinnen: Wir braten leckeren Unser Schicksalsbach: der Skaitatjjåkkå Kaiserschmarrn in der Pfanne und gönnen uns gleich zwei Abendessen. Aber die so gewonnene Zuversicht trügt. In den späten Nachtstunden wird der Sturm gefährlich. Unbändige Böen legen unser Zelt immer wieder flach, drücken uns Zelthaut und Gestänge platt auf die Nase. Wir sorgen uns ums Zelt, wollen aber nicht hinaus in die kalte Hölle. Gegen 2.30 Uhr sind wir mürbe. Wir schlüpfen in die kalten, nassen Klamotten und bauen unser Zelt im Ruckzuck-Verfahren ab. Das ist gar nicht einfach, denn die Böen sind so heftig, dass wir uns schräg gegen sie lehnen können. Dann verziehen wir uns hinter eine schützende Anhöhe und bauen unser Heim genau so schnell wieder auf. Auch die beiden anderen Zelte leiden im Sturm, ihre Lage ist allerdings nicht so bedrohlich. Danach schlafen wir endlich.
 
Tag 9: Skaitatjvagge - Pielavalta, 11 km
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Auf dem Weg zur Pastavagge Passhöhe Der Sturm ist vorüber. Wir sind froh und krabbeln noch etwas verirrt aus den Zelten. Bestandsaufnahme: Alle fit, alles okay? Prima. Von der Sonne keine Spur, und es nieselt, aber wir wollen weiter. Wir gehen nach Westen immer tiefer ins Tal und immer tiefer in den Sarek hinein. Je höher wir kommen, desto dichter werden die Wolken. Von den Felshängen links und rechts ist fast nichts zu sehen. Es geht durch Blockfelder und über Schneefelder. Der Wind bläst uns den Schneeregen ins Gesicht, aber nachdem die letzten Bäche vor der Talhöhe (1066 Meter) überquert sind, steigt die Stimmung. Der Kampfgeist wächst, die nassen Gesichter grinsen wild, wollen sich nicht Im westlichen Pastavagge unterkriegen lassen. Nach der Talhöhe verlieren wir wieder an Höhe, die Sicht wird von Kilometer zu Kilometer besser. Vor uns im Westen erscheint die Ostflanke des Sarekmassivs. Der Weg durchs westliche Pastavagge zieht sich aber noch. Der Trampelpfad ist - abgesehen vom Abschnitt auf der steinigen Talhöhe - gut zu finden. Wir machen keine Rast, das Wetter ist zu ungemütlich. In flottem Tempo kommen wir bis zum Alep Pastajåkkå den wir schnell durchwaten. Dann suchen wir uns ein Plätzchen mit Panoramablick auf den Pierikjaure nördlich vor uns. Und dann passiert's: Am Abend kommt die Sonne raus, und im Osten sehen wir ein wolkenfreies Pastavagge. Das hätten wir gerne auch aus der Nähe gesehen! Egal, die Freude übers bessere Wetter überwiegt und macht Hoffnung auf einen schönen Morgen.  
 
Tag 10: Pielatjåkkå, 0 km
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Waschtag in Pielavalta Sonne. Überall in unserem kleinen Lager sind Kleider zum Trocknen aufgehängt. Steffi und HudA gehen noch weiter: Sie haben den Inhalt ihrer Rucksäcke vor dem Zelt ausgebreitet - sieht aus wie ein Gemischtwarenladen mitten im Sarek. Alle Strapazen der Vortage sind vergessen, wir sind restlos begeistert von unserer Umgebung, vor allem von der schroffen Felszinne des Pierikpakte. Ein paar ganz Unverwüstliche von uns baden zwischen Eisschollen in einem Tümpel, der Rest nimmt lieber mit einem See ohne Eis vorlieb. Danach gehen wir auf Tour. Sonja will sich noch einmal das Pastavagge anschauen, wir anderen steigen auf den Pielatjåkkå. Der ist steil und steinig, dafür aber nicht allzu hoch (1515 Meter). Weil er die Ecke eines Hoch über dem Pierikjaure Bergmassivs bildet, bietet er zudem einen traumhaften (fast-)Rundumblick: Äpar und Skarki, Sarek, das obere Rapadalen bis hinüber zum Skarjatjåkkå und als besonderer Blickfang die riesigen &Alkatj;- und Jåkåtjkaska-Gletscher, die größten im Sarek-Nationalpark. Im Südwesten reicht der Blick sogar bis zum Staika. Wir sehen außerdem, dass es fast überall regnet, nur nicht bei uns. Den Rückweg nehmen wir über die weniger steile Westflanke immer mit Blick auf den oberen Rapaätno. Zuhause im Lager stellen wir fest, dass es auch dort geregnet hat, während wir trocken zurückkehren. Glück gehabt! 
 
Tag 11: Pielavalta - Vuoinesvaratj, 9 km
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Pause aum Pierikvaratj Und nochmal Sonne. Der Weg mitten durch die Pierikjaure-Zuflüsse ist uns zu unsicher, wir marschieren nach Südwesten zur Pielavalta Wasserscheide. Unterwegs staunen über wir eine Rentier-Mama mit ihrem weißen Sprössling. Nach einer Stunde sind wir in etwa wieder auf der Höhe, haben damit den Umweg hinter uns und marschieren auf dem dortigen Trampelpfad nach Norden. Immer am Ufer des Pierikjaures entlang, den mächtige Pierikpakte zu unserer Rechten. Eigentlich schade, denn wir sehen Lager mit Blick auf den Pierikpakte jetzt schon im Norden das Ende des Berglandes, in das wir uns so mühsam vorgekämpft haben. Rein emotional würde ich jetzt lieber nach Westen Richtung Skarja gehen. Aber gut. Wir haben noch einiges vor uns. Der Weg am See entlang ist sehr angenehm, die Bergflanken im Westen und Osten sorgen für Ablenkung. Gegen Mittag ziehen Wolken auf, und es wird merklich kühler. Unser Lager schlagen wir Fuß des Vuoinesvaratj auf mit Panoramablick auf unseren Tour-Berg schlechthin, den Pierikpakte. Abends bekommen wir Besuch von einer neugierigen Rentier-Herde, die offensichtlich Nähe sucht.
 
Tag 12: Vuoinesvaratj - Kukkesvagge, 6 km
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Aufstieg zum Vouinesvaratj Vor uns liegt eine kurze Etappe. Deshalb haben wir im strahlenden Sonnenschein nur wenig Lust, schon vormittags aufzubrechen. Viel lieber liegen wir in der Sonne und schauen hinüber, wo der Pierikjekna funkelt. Endlich mal nur in der Sonne liegen! Am Nachmittag aber ziehen schon wieder Wolken auf, wir brechen auf. Bis auf etwa 1000 Meter steigen wir auf den Vuoinesvaratj hinauf. Dort sehen wir zum ersten Mal seit Tourstart den Slugga wieder - einen steinigen Kegel im Norden. Früher als uns lieb ist Saskia vor dem Slugga sind wir jetzt wieder in Sichtweite der Nationalparksgrenze unter uns im Kukkesvagge. Wir steigen hinunter und halten uns westwärts, immer die ferne Akka (2015 Meter) im Blick. Weil wir noch immer mit dem Gedanken spielen, den Stortoppen (2089 Meter) zu erklimmen, wollen wir die Entfernung zu ihm ein wenig verkürzen. Im Kukkesvagge scheint es heftig geregnet zu haben. Die zu querenden Bäche sind allesamt über die Ufer getreten. Die Bergstiefler holen sich nasse Füße. Unseren Lagerplatz finden wir auf einer felsigen kleinen Insel mitten im Sumpf. Abends wird es empfindlich kalt.  
 
Tag 13: Kukkesvagge, 0 km
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Umkehr am Fuß des Nordtoppens Der letzte Ruhetag, und wir haben wieder Sauwetter. Dichte tiefe Wolken und Nieselregen. Keine Idealvoraussetzungen für einen Gipfelsturm. Was tun? Steffi bleibt im Lager, Sonja und Gunnar besteigen den Spikakammen bis zur Höhe von 1699 Meter, Saskia, HudA, Stoffel und ich wollen's wissen: Wir ziehen durch die Sümpfe nach Westen zum Stortoppen. Saskia hat keine Gummistiefel und geht in Trekkingsandalen. Ihre Beine werden rot. Erst als wir hoch genug sind, und die wesentlichen Bäche hinter uns haben, zieht sie ihre Bergschuhe an. Wir haben den Fuß des Stortoppens erreicht und klettern über endlose Im Kukkesvagge Blockfelder, die sich mit Schneefeldern abwechseln. Die Berge sind in dichten Wolken, unsere Motivation lässt nach. Auf 1470 Metern Höhe meldet sich mein Knie wieder und ich beschließe, umzukehren. Die anderen drei wollen auch nicht weiter. Hat eh' keinen Sinn bei dem Wetter. Also schauen wir hinüber auf die Gänseebene Kassalakko und klettern wieder hinunter. Wir werten den gescheiterten Gipfelsturm als Ausflug im Kukkesvagge und sind nicht weiter frustriert. Im Lager treffen wir neben Steffi auch Sonja und Gunnar wieder. Die beiden hatten mehr Glück: Sie kamen bis auf knapp 1700 Meter Höhe mit Blick auf den Stortoppen. War eben doch die vernünftigere Alternative.  
 
Tag 14: Kukkesvagge - Njavvepuolta, 9 km
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Über die Kukkesvagge-Brücke Regen, Regen, Regen. Wir bauen die Zelte ab und setzen uns in Bewegung. Es ist kalt. Wir wollen zur Brücke im Kukkesvagge. Die Bergstiefler nehmen einen Umweg in Kauf, um ihre Füße trocken zu halten. Wir anderen warten an der Brücke auf sie. Der große Felsen dort kommt uns gerade recht: Er bietet Schutz gegen Blick zurück auf Äpar den lausekalten Ostwind. Kurz nachdem die Bergstiefler eingetroffen sind, marschieren wir über die Brücke und verlassen damit den Sarek Nationalpark. Kleiner Trost: dafür sind wir jetzt im Stora Sjöfallet Nationalpark. Unser Weg führt nach Norden mit der Nientotjåkkå Felswand zur Linken. Das Wetter ist überwiegend ungemütlich. Glücklicherweise hält sich der Regen während unserer Mittagsrast zurück. Leider halten wir uns danach zu tief und geraten in äußerst feuchtes Sumpfland etwa auf Höhe der Renwächterhütte. Wir haben nicht mehr allzu viel Weg bis Suorva vor uns und lagern deshalb wenig später auf einer großen Wiesenfläche bei Njavvepuolta gegenüber des Sluggas.  
 
Tag 15: Njavvepuolta - Vuoskelvagge, 6 km
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Lager am Njavvepuolta mit Slugga-Blick Das Wetter ist gnädig, und wir haben nicht weit zu gehen. Wir sind zwiegespalten. Einerseits wollen wir raus aus der Wildnis. Dauernässe und körperliche Verschleißerscheinungen machen sich bemerkbar. Andererseits haben wir gar keine Lust auf Straßen, Autos und Supermärkte. Aber es hilft nichts, wir müssen weiter. Wir steigen hoch auf über 900 Meter, um dem sumpfigen Tiefland zu entgehen. Das Wandererlebnis wechselt von Genuss immer mehr zur Notwendigkeit. Schließlich müssen wir morgen einen Bus erreichen. Man stelle sich das vor: einen Bus! Nach einer Bergflanke blicken wir plötzlich hinunter auf den Akkajaure. Wir sehen die Berge um Stora Sjöfallet und das Windkraftwerk von Suorva. Die Zivilisation hat uns (fast) wieder. Die Freude darüber hält sich in Grenzen. Wir bleiben auf Höhe und campieren am Ausgang des Vuokselvagges. Wir versuchen den Blick hinunter nach Suorva zu meiden. 
 
Tag 16: Vuoskelvagge - Suorva, 8 km
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Durch den Njavvejåkkå Alle Hoffnungen auf einen krönenden Abschluss sind zunichte. Es gießt in Strömen. Wir erleben unseren feuchtesten Abbau der ganzen Tour. Widerlich! Na gut, dann gehen wir eben. Wir suchen den Pfad, der hinunter zum Staudamm führt und halten auf den Wald unter uns zu. Wir finden ihn, aber behalten ihn nicht lange. Wie üblich haben wir ein Problem mit markierten Wegen. Wenig später dann auch ohne. Wir stehen sprichwörtlich im Wald. Weil wir in dem Sauwetter keinesfalls unseren Bus verpassen wollen, entscheiden wir uns für eine Verzweiflungstat: Wir wollen querbeet zum Seeufer durchbrechen, wo laut Karte ein Weg zum Damm führen muss. Also hetzen wir durch den Wald, überqueren fünfmal den gleichen Bach und kämpfen uns durch zahllose Schluchten. Nur ganz langsam nähern wir uns dem Ufer. Gar kein Spaß! Wir sind glücklich, aber Reichlich fertig in Suorva völlig platt, als wir endlich den Uferweg erreichen. Von dort hetzen wir weiter zu den Dämmen des Kraftwerks. Die überqueren wir im Eilschritt, in Gedanken immer beim Bus, den wir auf keinen Fall verpassen wollen. Auf eine Nacht an der Straße hat keiner Lust. Wir haben uns mit dem Ende der Tour abgefunden und sehnen uns nach den warmen Duschen im Campingplatz. Der Effekt: Wir sind zu früh dran und müssen eineinhalb Stunden in der Kälte auf den Bus warten. Wir singen, hüpfen und scherzen, um uns warm zu halten. Die Ankunft des Busses empfinden wir - zumindest an diesem Tag - als Erlösung. 

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